LUTEALE PHASE
Ich merke oft, dass ich gar nicht diejenige bin, die irgendwelche „Facts“ im Internet raushaut. Ich bin ein Mensch, eine Frau, die sich mit ihrem Körper und Geist tief auseinandersetzt. Dabei heißt es nicht, dass ich „extrem“ bewusst bin – ich habe und werde wahrscheinlich immer meine dunklen Flecken haben, Dinge und Geschichten (an)erkennen, an denen ich arbeiten darf, und das ist auch völlig in Ordnung so.
Immer wieder aufs Neue merke ich die unterschiedlichen Phasen, die ich als Frau erlebe, und bin auf der einen Seite fasziniert davon, manchmal aber auch genervt (von mir selbst).
Die luteale Phase gehört, denke ich, zu der Phase, die wir als Frauen am wenigsten „mögen“. Es ist womöglich auch die Phase, die in unserer Gesellschaft am wenigsten wertgeschätzt und bestätigt wird. Da ist es klar, warum auch wir selbst wenig auf diese Phase „geben“.
Da ich natürlich mit einem Thermometer verhüte – und das schon seit über 3,5 Jahren (nein, seitdem war ich bisher auch nicht schwanger, also kann ich bestätigen, dass es funktioniert) – weiß ich ziemlich genau, in welcher Phase ich bin. Klar, es ist manchmal nervig, jeden Morgen zur gleichen Zeit meine Temperatur zu messen, aber ich habe vor kurzem darüber nachgedacht und muss sagen, dadurch habe ich echt einen Durchblick! Natürlich dauert es eine gewisse Zeit, bis man eben diesen besagten Durchblick hat, aber je länger ich mich mit dem Frau sein beschäftige bzw. eine Frau bin und mich auch als eine identifiziere, desto besser kann ich mich einschätzen und das auch besser an meine Außenwelt kommunizieren.
Und so ist das eben, dass ich in der lutealen Phase – die Phase direkt nach dem Eisprung bis zum ersten Tag der Periode – weniger Energie habe, schneller mal genervt bin, mehr für mich sein möchte und die Dinge näher an mich herankommen als sonst. Gleichzeitig gibt mir diese Phase jedes Mal aufs Neue einen tieferen Einblick in mich.
Direkt nach meinem Eisprung verändert sich mein Essverhalten. Ich brauche mehr reichhaltiges Essen, das mich nährt, körperlich, aber auch geistig. Interessanterweise habe ich speziell diesen Monat gemerkt, dass mein Hunger direkt nach dem Eisprung sehr groß war, fast schon wie eine Art Dauerhunger. Mein Körper hat dauerhaft nach Nahrung gerufen. Ich bin normalerweise überhaupt keine Snack-Person, im Gegenteil, mir tut das überhaupt nicht gut, aber dieses Mal war es mir egal. Ich bin dem nachgegangen, was mein Körper mir zugeflüstert hat, und ich muss sagen, es hat sich gut angefühlt. Vor allem, weil sich nach wenigen Tagen meine Gelüste wieder eingestellt haben und ich wieder weniger gegessen habe. Hier und da ein Stück Kuchen oder ein Schokolädchen zähle ich nicht dazu – das geht eh immer.
Genauso ist es auch mit dem Sport und Yoga. Eine Zeit lang war ich sehr stark darauf bedacht, mich den vier Phasen des Menstruationszyklus anzupassen, und das war auch gut so, denn so wurde ich erst mal so richtig aufmerksam, was die Phasen genau bedeuten.
Heute weiß ich, dass jede Phase in jedem Monat in ihrer Intensität unterschiedlich ist, die eine Phase auch die andere bedingt und es demnach wichtig ist, was in den jeweiligen Phasen passiert, ergo, was du isst, wie du dich bewegst, was du fühlst und so weiter.
Ich bin gerade mittendrin in meiner lutealen Phase und deswegen habe ich auch den Impuls genutzt, diese Zeilen zu schreiben. Und trotzdem, auch wenn mein Energiehaushalt eher niedrig ist, war ich während meiner lutealen Phase joggen. Ich hatte einen richtigen Drang, laufen zu gehen (seit ein paar Wochen bin ich Joggerin, was ich ebenfalls niemals gedacht hätte, dass das in meinem Leben auf diese Art und Weise noch mal kommen wird. Als Schülerin war ich eine Zeit lang joggen, das hat sich jedoch immer eher als Qual angefühlt, deswegen freue ich mich umso mehr, wie ich merke, dass es mir unheimlich gut tut). Anders als im Yoga muss ich mich weniger auf den Ablauf der Bewegung konzentrieren. Beim Laufen geht es mir darum, einen kontinuierlichen Rhythmus zu finden, den ich halten kann, und während des Laufens merke ich schon, wie mein System sich ausbalanciert und alles Angestaute losgelassen werden kann. Es mag also paradox klingen, dass ich während meiner lutealen Phase joggen gehe, weil früher wäre ich auf keinen Fall joggen gegangen, weil es ja viel zu anstrengend für den Körper ist. Heutzutage weiß ich, dass, wenn ich den inneren Drang habe, joggen zu gehen, es besser ist, dem nachzugehen. Gleichzeitig passe ich mich natürlich meinem Körper an, das heißt also, ich „trainiere“ nicht, um Muskelmasse aufzubauen oder schneller oder weiter zu laufen, sondern mein Pensum zu halten, fast schon „gechillt“ zu joggen, um mich bestmöglich in dieser Phase zu unterstützen.
Zum Abschluss noch die Veränderung, die äußerlich sichtbar ist. Wow! Oder? Manchmal glaube ich nicht, dass mein Körper sich so sehr innerhalb eines Monats/Zyklus verändern kann. Ein geschwollener Busen, der empfindlich ist, und die vergrößerte Gebärmutter, demnach mein Bauch manchmal aussieht, als wäre ich im 3. Monat schwanger, sind eindeutige Anzeichen dafür, dass der Eisprung vorbei ist!
Also können wir den Blick wechseln und die Phase, in der wir sind, auch über unseren Zyklus hinaus, annehmen, wenn möglich sogar genießen und das Beste daraus machen?!
Ich hoffe doch.